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Eingefleischte
Kanuten werden vielleicht über das Folgende die Nase rümpfen.
Die Gründe vom reinen Paddelantrieb zu dieser relativ "unsportlichen"
Antriebsform zu wechseln, sind sicher individuell sehr verschieden. Immerhin
ist es eine gute Möglichkeit, auch dann, wenn es mit der Langstreckenpaddelei
nicht mehr so gut klappt, seinem Faltboot treu zu bleiben. Uns ging es
jedenfalls vor allem darum, den Aktionsradius für Tagestouren beträchtlich
zu erweitern, ohne auf die bekannten Vorzüge des Faltbootes verzichten
zu müssen. Eine möglichst große Reichweite war uns dabei
wichtiger, als eine übertrieben hohe Geschwindigkeit (für die
Faltboote sowieso nicht gebaut sind). Vor allem aber sollte das Boot trotz
Motor noch jederzeit problemlos zu paddeln sein.
Obwohl ursprünglich nicht Ziel der Motorisierung, zeigte sich später, dass man sich damit auch in eine tolerante Wandergruppe gut einfügen kann. Wenn alle paddeln, wird eben gepaddelt. Muss aber jemand (aus welchem Grund auch immer) schneller ans Ziel gebracht werden, steht immer ein Schlepper zur Verfügung. Ist die Gruppe nicht zu groß, kann man auch alle an die Leine nehmen und die Tour verlängern. . |
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Geschichte |
Bereits in den 30-er und 40-er Jahren gab es verschiedene Varianten von Seitenbordmotoren speziell für das Faltboot. Im Deutschen Museum in München ist eine ganze Ahnengalerie derartiger Maschinchen zu besichtigen. Auch zu DDR-Zeiten wurde ein Seitenborder ("Tümmler") extra für die Boote aus Pouch hergestellt. Er war üblicherweise auf einer schwenkbaren Halterung an der Backbordseite vor oder hinter dem Fahrer montiert und über ein Alurohr am gegenüberliegenden Süll abgestützt. Wer sich einmal mit einer derartigen Konstruktion abgemüht hat, kann einiges erzählen. Im unbeladenen Zustand neigte sich das Boot durch die seitliche Belastung mit ca. 15 kg Stahl und Alu bedenklich nach Backbord. Zum Anwerfen des Motors paddelte man am Besten ein Stück vom Strand weg, um dem zu erwartenden Spott der lieben Mitmenschen aus dem Weg zu gehen. Das funktionierte allerdings nur mit einem halben Paddel steuerbords, da der Motor bzw. seine Halterung auf der anderen Seite erheblich störte. Wir haben als Kinder Wetten abgeschlossen, nach wieviel Anreissversuchen der Motor wohl starten würde. (Meistens gewannen die mit den höheren Zahlen.) Lief der Motor endlich, hielt sich das Vergnügen auch in Grenzen. Der Zweitakter verursachte bei Marschtempo einen sehr lästigen Krach ("Zwiebacksäge" hat mir mal Einer gesagt) und eine trabbimäßige Geruchsbelästigung. Die extrem lange Antriebswelle verbog sich schon bei einer leichten Grundberührung. Manchmal genügte auch ein größerer Fisch. Der Saugnapf für den Kühlwasserschlauch hielt schlecht auf der Bootshaut. Häufige Kontrollen waren empfehlenswert. Geriet erst einmal Nässe in die Zündanlage, wurde es richtig lustig. Nach Totalausfall über eine längere Strecke mit einem halben Paddel heimzukeulen, gehört zu den bleibenden Erlebnissen des Tümmlerbesitzers. Sicher gibt es Kanuten, die unsere Sammlung von Vorurteilen nicht teilen und nach wie vor auf ihren Tümmler schwören. Diesen empfehlen wir die Webside von Dirk-Steffen Müller. |
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Welcher Motor? |
Die Fertigung der Tümmler wurde inzwischen eingestellt. Obwohl gelegentlich noch gebrauchte Exemplare angeboten werden, machten wir uns auf die Suche nach einer Alternative. Der Motor sollte klein, leicht, leise, wartungsarm, sauber, angemessen leistungsfähig sein, und freudig anspringen. Dabei schloss der Wunsch nach einem großen Aktionsradius Elektroantriebe schon mal von vornherein aus. Größere Umbauten am Motor oder am Bootskörper waren eigentlich auch nicht erwünscht. Zahlreiche Telefonate mit diversen Händlern und Firmen quer durch Deutschland brachten immer nur ein Ergebnis. Es schien keinen einzigen Hersteller eines geeigneten Antriebes mehr zu geben. Zeitweise spielten wir mit dem Gedanken eine Motorsense umzubauen. Dabei wäre aber vermutlich wieder eine tümmlerähnliche Konstruktion herausgekommen. Sportfreunde aus Schweinfurt brachten uns schließlich auf den kleinsten Außenborder von Honda "BF2", einen Einzylinder - Viertakter mit 2 PS Leistung und ca. 12 kg Gewicht. (Wir bekamen einen vom Baujahr 98.) Es gäbe dafür zwar keine handelsübliche Faltboothalterung, aber man müsse nur ein Brett quer über den Süllrand schrauben, dann würde das schon irgendwie funktionieren. Die Idee mit dem Brett schien uns doch etwas zu primitiv und unpraktisch. Einen ganzen Winter lang wurde also geknobelt und das geballte polytechnische Schulwissen des "gelernten Ossis" mit den materialtechnischen Möglichkeiten bayerischer Baumärkte kombiniert. Was am Ende herauskam, erfüllt fast alle selbst gestellten Vorgaben nahezu perfekt. (Der Motor wurde übrigens inzwischen vom Hersteller weiterentwickelt und verbessert. Allem Anschein nach dürfte auch die neue Ausführung gut für Faltboote geeignet sein.) |
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Halterung
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Da der BF2 die Pinne an der linken Seite und den Kühlwasserauslass nach rechts hat, kann er nur an die Steuerbordseite des Faltbootes kommen. (Befürchtungen, dass es für einen Rechtshänder schwierig werden könnte, ihn mit der linken Hand anzureissen erwiesen sich später als völlig unbegründet.) Dicht neben Spant 6 am Ende des Süllrandes scheint der günstigste Platz zu sein, denn ab da wird das Boot nach hinten deutlich schmaler, so dass der Propeller beim Hochklappen nicht die Bootshaut berühren kann. Um die zu erwartenden Übertragungskräfte auf das Bootsgestänge möglichst gleichmäßig zu verteilen, wird ein Gestell aus dünnwandigen Aluminiumschienen mit den Flügelmuttern von Spant 5 und Spant 6 sowie der hinteren Lehne verschraubt. Über diese sechs Punkte erfolgt also auch die gesamte Kraftübertragung auf sehr schonende Weise. |
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Der eigentliche Clou ist das, mit einem einfachen Klappmechanismus um eine längs nach vorne gerichtete Achse schwenkbare Befestigungsbrett für den Motor. Um alle im Fahrbetrieb auftretenden Verspannungen aufzufangen, gehen von diesem Brett (30 mm dickes Sperrholz) zwei Streben nach vorn zu einem Drehpunkt genau in der Verlängerung der Schwenkachse an der rechten Süllrandschiene in Höhe der hinteren Rückenlehne. Das daraus gebildete räumliche Stabwerk ist in sich äußerst stabil, da alle Biegekräfte, die der Motor ausübt, in Zug-Druck-Beanspruchungen an diesen Streben umgewandelt werden. Klappt man das Brett hoch, bleibt trotzdem die Stabilität voll erhalten, so dass der Motor in jeder beliebigen Stellung sicher abgestützt wird. Die Halterung ist während der ganzen Saison am Boot. Liegt es über Nacht ohne Motor kieloben, dient sie zusammen mit dem Bootswagen unter der Süllrandspitze als Ständer und hält Bodenfeuchte vom empfindlichen Baumwollverdeck fern. (Ein Beispiel für integrierte Funktionsnutzung hätte mein alter Maschinenbau-Professor gesagt.) | ||||||||||||||||
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Vor der Fahrt
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Zur Vorbereitung einer Fahrt wird das Boot auf seinem kleinen Bootswagen in Höhe von Spant 6 aufgebockt und der Motor wie jeder normale Außenborder auf sein Haltebrett geklemmt. In dieser Stellung lässt er sich auch betanken. Der Transom samt Propeller ragt etwa 20 cm tiefer als der Boden des Bootes. Zum Transport ans Wasser werden Tankdeckel, Entlüftung und Benzinhahn geschlossen, der Motor zunächst ebenfalls wie ein normaler Außenborder hochgeklappt, und dann mit dem Haltebrett nach innen über das Bootsheck geschwenkt. Dabei muss der Motor am Schaft so verdreht werden, dass die Pinne nach oben kommt. In dieser Stellung kann laut Hersteller kein Öl auslaufen. (Tut es auch nicht, wenn man nicht übernormal viel Öl eingefüllt hat!) Nun befindet sich der Motorschwerpunkt fast genau über der Mittellinie des Bootes und das Ganze lässt sich bequem zum Wasser trailern. Im Wasser besteht so auch im unbeladenen Zustand keine Kentergefahr. Man kann normal einsteigen und erst mal ein Stück ins Tiefe paddeln. (Die Außenkontur der Halterung liegt so weit innen, dass man selbst bei weit ausholenden Schlägen mit dem Doppelpaddel nirgendwo anstößt!) Nach innen geschwenkt befindet sich die komplette Antriebseinheit hinter dem Fahrer und stört kein bisschen. Im Gegenteil! Die Motorverkleidung verlängert gewissermaßen die Rückenlehne des Fahrers nach oben und verbessert so die Bequemlichkeit beim Paddeln. Mit einem kräftigen Zug an der Pinne ist der Motor zur Seite und heruntergeschwenkt, Alle Bedienungsteile sind gut erreichbar. Entlüftung und Benzinhahn auf! Schock! Halbgas! Spätestens beim zweiten Anreißversuch (mit der linken Hand!) läuft er. |
Auf Fahrt |
Rund 12 Kilo seitliche Außenlast werden von einem normalgewichtigen Erwachsenen spielend ausbalanciert. Wir haben uns meistens nur ein bisschen zum linken Süllrand hin gesetzt. Da der Propellerschub etwas schräg nach oben drückt, kann man sich schon bei Halbgas wieder bequemer hinsetzen. Der Motor trägt dann einen Teil seines Eigengewichtes selbst . Die Pinne wird in einer kleinen Gabel festgeklemmt und das Boot mit der Fußsteuerung (wie beim Paddeln) gelenkt. Der Videofilmer oder der Fotofreund hat schön die Hände frei. Dann kommen die Vorzüge des Viertakters richtig zur Geltung. Keine blaue Abgasfahne. Kein Trabbigeruch. Ohne Motorprobleme stundenlang gemächlich an der Schilfkante entlangtuckern, kaum lauter als eine Nähmaschine. Blessrallen und Haubentaucher bemerken uns erst im letzten Augenblick. Und statt die Flucht zu ergreifen, wie bei anderen Motorbooten, kommen sie angeschwommen und lassen sich füttern. (Genau so erlebt im Recken bei Malchow.) Gespräche mit dem Vordermann sind in normaler Lautstärke möglich. Man spürt die einzelnen Kolbenhübe. Fahrgefühle wie auf einer Harley! Bei gemütlicher Fahrweise reicht der eine Liter Super bleifrei im Tank weit über eine Stunde und bringt uns mindestens zehn Kilometer weit. Auf glattem Wasser kann man aber auch noch etwas schneller fahren. Da der Rumpf des Faltbootes fast keinen Wellenschlag erzeugt, richtet man auf den Kanälen auch bei flotter Fahrweise weit weniger Schaden an, als herkömmliche Motorboote in Bummelfahrt. Am angenehmsten und ruhigsten läuft das Boot mit ca. 50% Gasstellung. Es ermöglicht Fahrten, die mit nichts anderem machbar wären. In der Mecklenburger Seenplatte kann man damit nahezu überall hin kommen. Ist das Ziel zum Paddeln zu weit entfernt - kein Problem. Tagesfahrten von mehr als fünfzig Kilometern unter Motor sind drin. (Eigentlich setzt nur das eigene Sitzfleisch die Grenze.) Will man verweilen - ein Fingertip und der Motor steht. Ein (!!!) Zug am Startergriff und er läuft wieder. Wird es eng oder flach, oder ist ein See für Motorbetrieb gesperrt - kein Problem: Motor aus, Benzinhahn zu, Tankentlüftung zu, und mit zwei weiteren Handgriffen verschwindet das Triebwerk hinter dem Steuermann. Schon haben wir wieder ein fast "normales" Faltboot , das normal gepaddelt werden kann. Das Erlebnis, in Höhe des Wasserspiegels zu sitzen und jede einzelne Welle mit dem ganzen Körper zu spüren, geräuschlos in die engsten Buchten und kleinsten Seen vorzudringen oder wahlweise mit minimalem Aufwand zügig auf dem Wasser voranzukommen, kann keine noch so luxuriöse Yacht bieten. Je höher die Bordwand, je größer der Tiefgang und je schneller der Kahn, um so weiter weg rückt logischerweise das Naturerlebnis. |
Geschwindigkeit |
Da inzwischen mehrmals danach gefragt wurde, haben wir im Sommer 2000 regelrechte "Messfahrten" unternommen. Als Messstrecke diente uns der schmale Petersdorfer See. Von der Ausfahrtbake Lenz bis zur Autobahnbrücke sind es laut topografischer Landkarte exakt 2 Kilometer. Mit Vollgas ist dieses Stück in 9 Minuten zu schaffen. Also leicht auszurechnen: Höchstgeschwindigkeit 13 km/h. Dabei macht es erstaunlicherweise keinen Unterschied, ob man allein oder zu Zweit fährt. Bei Vollgasfahrt ohne Vordermann kommt der Bug sehr weit aus dem Wasser und das Boot ist nur durch kräftigen Dauerdruck auf das Ruderpedal auf Kurs zu halten. Das sieht zwar spektakulär aus, aber der stetige Ruderdruck und die verkürzte Wasserlinie bremst vermutlich kräftig. Mit Zweierbesatzung liegt dagegen viel mehr Bootslänge im Wasser und man kann durch Trimm an der verstellbaren Pinnengabel einen exakten Geradeauslauf einregulieren. Gemütlich ist Vollgasfahrt aber nicht. Wenn wir die Strecke später auch bei geringerer Gasstellung durchfuhren, stoppten wir einige Male die Zeit. Dabei kamen wir auf eine optimale "Wohlfühlgeschwindigkeit" von ziemlich genau 10 km/h. Sogar im Leerlauf macht das Boot noch etwas Fahrt. Soviel Geduld auch mal eine Leerlaufmessfahrt zu machen, hatten wir aber nie. Es steht fest, dass uns dann auch ungeübte Paddler bequem abhängen können. Im Spätsommer 2002 setzten wir das Boot auf dem Hohenwartestausee erstmals als Schlepper ein. Mit einem Einer am Haken betrug die Höchstgeschwindigkeit noch etwa 10 km/h. Mit zwei Einern und einem Zweier ging sie auf 9 km/h zurück. Fuhren die Boote nicht in Kiellinie, sondern zu zweit nebeneinander verminderte sie sich weiter sich auf 8 km/h. Man muss dazu sagen, dass alle Boot nur mit der Besatzung, also ohne zusätzliches Wandergepäck beladen waren und nicht sehr tief im Wasser lagen. |
Reaktionen
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Für eine gewisse Art von "Yachties" scheint ein Boot sowieso mehr Prestigeobjekt als Sportgerät zu sein. Mit einem großen, teueren Boot kann man eben mehr Eindruck schinden, als mit einem großen Auto. Diesem Verdacht setzt man sich mit einem motorisierten Paddelboot kaum aus. Trotzdem haben wir den dicken Pötten auf der Bundeswasserstraße häufig die Show gestohlen. Wenn wir durch Malchow oder Plau fuhren, schaute alles nach uns und oft genug wurden wir fotografiert. An den Liegeplätzen waren die Reaktionen von technisch interessiert bis positiv amüsiert (außer bei einigen orthodoxen Paddelpuristen). Ein Campingnachbar war von der ganzen Sache so begeistert, dass er die Halterung nachbauen und damit sein altes schon jahrelang unbenutztes RZ 85 wieder aktivieren wollte. (Falls er das hier liest, kann er sich ja mal bei uns melden.) |
50 km Tour
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Um die Möglichkeiten auszuloten, haben wir im Sommer 99 einmal eine größere Tagesfahrt vom Plauer See nach dem Loppiner See und zurück gemacht. Unter Motor über den Petersdorfer See, Malchow, bei etwa 3 Beaufort aus SO über den Fleesensee, den Kölpinsee in den Jabelschen See, dann paddelnd durch den (für Motorboote gesperrten) malerischen Seerosenkanal bis an das Seeende bei Loppin und das Ganze in umgekehrter Weise wieder zurück bis zum Plauer See. Macht rund 50 Kilometer Gesamtstrecke! (Selbst für einen geübten Paddler ohne Hilfsantrieb eine echte Herausforderung!) Insgesamt waren wir an diesem Tag (mit Pausen) knapp 6 Stunden unterwegs, davon ca. 4 Stunden flotte Motorfahrt bei einem Gesamtverbrauch von knapp 4 Litern Super bleifrei und gerade mal zwei Badeschwämmen mit übergekommenem Spritzwasser unter der Bodenleiter. Im Sommer 2000 haben wir eine gemütliche Acht-Stunden-Tour bis zur Müritz gemacht. Darüber gibt es hier auch einen kleinen Bildbericht. |
Boot |
Das verwendete Boot ist ein Faltboot Reisezweier RZ 85 (5,50 m lang, 85 cm breit) aus Pouch (bei Bitterfeld in Sachsen-Anhalt). Die Spanten sind noch aus mehreren Holzteilen verleimt (keine Sperrholzspanten) und werden mit Riemchen an den Seitenleitern festgeschnallt. An beiden Enden der sehr dicken Bootshaut ist innen ein Stevenholz und außen ein durchgehender Alubeschlag miteinander verschraubt. (Das wurde bei späteren Booten ganz weggelassen.) Ursprünglich besaß das Boot herzförmige Sitzlehnen, die malträtierten aber beim Segeln arg unsere Rücken. Wir haben daher bald breitere Sperrholzlehnen gekauft. Inzwischen hat es rund 30 Jahre auf dem Buckel und musste schon mehrere Bastelattacken über sich ergehen lassen. Einige Jahre wurde es als Zweimaster mit bis zu 6 m² selbstgeschneiderter Segelfläche gefahren. (Spricht für die bemerkenswerte Querstabilität dieses Bootstyps.) Aus dieser Zeit stammt ein vergrößertes Ruderblatt (ehemaliges Seitenschwert), und eine veränderte Aufhängung des Ruderpedals die sich auch unter Motor bestens bewährt hat. Das Oberdeck wurde vor etwa 15 Jahren einmal erneuert. Vor der ersten Saison mit Motor haben wir das Gestänge nachgesehen, lose Verbindungen neu verleimt und alles Holz mehrmals mit Yachtlack gestrichen. Spant 6 (der die Hauptlast des Motors zu tragen hat), wurde durch eine zusätzliche senkrechte Strebe verstärkt und an den Spanten 5 und 6 wurden sicherheitshalber etwas längere Messinggewindebolzen angenietet. Wahrscheinlich hätte man darauf aber auch verzichten können. Die Originalbolzen sind knapp ausreichend. |
Sicherheit |
Bei normalem kanugerechten Verhalten braucht man auch auf den größeren Seen der Mecklenburger Seenplatte kaum eine Kenterung befürchten. (Wir haben schon früher unser RZ 85 nur unter vollen Segeln oder im Wildwasser umgeschmissen.) Heutzutage muss man aber verstärkt mit der Rücksichtslosigkeit Anderer rechnen. Da kommen beispielsweise hanseatische "Wassersportler" nach mehr als 150 km "nervtötender Zuckelei" auf Elbe und Eldekanal mit ihrem hochmotorisierten Flitzer endlich auf den ersten großen See. (Den Plauer See!) Wenn dann 200 Pferdchen am Spiegelheck sekundenschnell losgelassen werden, kann sich schon mal eine kriminelle Welle aufbauen, die ein Paddelboot spielend durch den Wolf dreht, falls es nur nahe genug und im richtigen Winkel erwischt wird. Die Wässerung eines laufenden Bootsmotors kann diesen blitzartig hinrichten. Wir hatten immer Glück, trotzdem wurde nie vergessen, die Reißleine zum Zündunterbrecher an der Kleidung festzuhaken. Stabile Spitzenbeutel waren sicher ebenfalls keine überflüssige Anschaffung. Bekanntlich geht ein vollgelaufenes Faltboot ohne Reserveauftrieb auf den Grund des Gewässers. Wir haben den hinteren Stauraum ziemlich komplett mit Luftkissen ausgefüllt. Und damit der Motor nicht mal alleine über Bord fällt, oder unbeaufsichtigt "Beine bekommt" haben wir ihn immer über ein dünnes Stahlseil und ein kleines Vorhängeschloss mit dem Bootsgestänge verbunden. Die Haltevorrichtung des Motors besitzt ein hohes Maß an Redundanz. Das heißt, versagt eine Verbindung oder ein Bauteil, übernehmen die übrigen Teile die Funktion soweit mit, dass man beispielsweise trotz einer verlorengegangenen Schraube noch sicher nach Hause kommt. |
Spritzdecke |
Auf größeren Seen sollte im eigenen Interesse nicht mit Vollgas gegen die Wellen angerannt werden, da sonst die Verbindungen des Gestänges leiden und sehr viel Wasser überkommt. Dann sollte man auch das Spritzverdeck ordentlich schließen. Wir haben eine fünfteilige verrottungsfeste Spritzdecke im Herstellerwerk gekauft und mit viel Klettband auf der Haushaltsnähmaschine zu einer Einteiligen umgearbeitet, die am Steuerbordsüll festgeschraubt während der ganzen Saison am Boot bleibt und ohne Verrenkungen jederzeit schnell geschlossen werden kann. Damit haben wir auch gelegentlich mal einen Sonnenbrand auf den Oberschenkeln verhindert. |
Spritzwasser |
Spritzwasser am leider nicht sehr strömungsgünstigen Schaft des Motors ist das einzige größere, noch nicht zufriedenstellend gelöste Problem. Eine abnehmbare Neoprenmanschette um den Transom mit einem Spritzschutz (original Trabbi-Ersatzteil aus alten Vorräten) hält das am Schaft hochschäumende Wasser zwar weitgehend außenbords, trotzdem bleibt das Baumwollverdeck neben dem Motor und am Heck nicht trocken. Wir haben es so gut es ging mit viel Imprägnierspray abgedichtet. Zeitweise hatten wir dort sogar ein Stück beschichtetes Gewebe aufgeklebt. Vielleicht findet sich irgendwie mal noch eine bessere Lösung. Eine große Rolle spielt auch das Tempo. Bei einer bestimmten Geschwindigkeit (mit ca. 50% Gas) kommt das wenigste Wasser über. Dann liegt das Heck vollständig im Wellental. Fährt man nur ein bisschen langsamer oder ein bisschen schneller, verlagert sich die Welle am Heck so weit, dass wieder Wasser über das Verdeck gespült wird. Bei gemütlicher Bummelfahrt (knapp über Leerlauf) bleibt aber alles trocken. |
Risiken |
Für das unbeladene Boot wäre der seitliche Motor zuviel Außenlast. Es würde sich vermutlich wie ein kranker Fisch auf die Seite legen und den Motor eintunken. Wir haben deshalb nie vergessen ihn hereinzuschwenken, bevor der Letzte ausstieg. Damit erwies sich die Schwenkvorrichtung nicht nur als nette Spielerei, sondern als absolutes Muss. Bei über fünf Meter Bootslänge darf man natürlich keine katzenartige Wendigkeit erwarten. Da der BF2 keinen Rückwärtsgang besitzt, ist er am Schaft um 360° drehbar. Die Konstruktion der Haltevorrichtung verhindert zwar in jeder beliebigen Stellung, dass der rotierende Propeller die Bootshaut aufschlitzt, man sollte aber wahrscheinlich nicht mit seitwärts gedrehtem Motor Vollgas geben. Der entstehende Rotationseffekt könnte mit einer Kenterung enden. Wir haben es lieber nicht ausprobiert. Bei ganz kleiner Gasstellung kann man aber schon mal die Pinne aus der Gabel nehmen, um eine besonders enge Kurve mit dem Motor zu unterstützen. Manchmal wickelt sich, im Wasser treibendes Kraut um den Propeller. Einmal hat uns das den langsam laufenden Motor regelrecht abgewürgt. Obwohl es auf den Bildern nicht so aussieht, man kommt mit ausgestrecktem Arm bis an das Krautknäul. Der Motor sprang hinterher immer sofort problemlos wieder an. Mit dem Viertakt-Honda haben wir offensichtlich einen guten Kauf gemacht. Auf Grund länger zurückliegender Tümmler-Erfahrungen hatte es uns ein bischen vor diversen Motormacken gegraust. Der BF2 hat einfach keine. Es war wie ein Umstieg von Trabbi auf Nobelkarrosse. Mehrere leichte Grundberührungen im Flachwasser überstand der Motor schadlos. Er klappte dank der Schaftverlängerung brav ganz allein nach oben und hatte höchstens einen kleinen Kratzer im Lack. Einen Scherstift brauchten wir noch nie zu wechseln. Für eine solche Aktion würden wir aber wahrscheinlich doch erst mal ans nächste Ufer paddeln. |
Experimente |
Die Gabel für die Motorpinne hatten wir zwar mit einer Spindel verstellbar gemacht, um ein bisschen mit verschiedenen Schrägstellungen experimentieren zu können. In der Fahrpraxis zeigte sich dann aber, dass die Propellerachse anders als beim Tümmler nicht genau auf die Bootsspitze ausgerichtet werden muss, sondern fast parallel zur Bootslängsachse verlaufen sollte. Wir haben später kaum noch etwas daran verstellt. Als völlig überflüssig erwies sich eine zusätzliche Arretierung des Haltebrettes in der obersten und untersten Stellung durch einen angeleinten Steckstift. Der Motor bleibt sowieso durch sein Eigengewicht sicher in jeder der beiden Stellungen. Außerdem verhindert die innere Zugstrebe im durchgedrückten Zustand ein unbeabsichtigtes Hereinschwenken bei Motorfahrt. Im ersten Jahr wurde noch mit verschieden hohen Motorstellungen herumprobiert. Fest steht, dass es zu sehr bremst, wenn der Motor zu tief ins Wasser ragt, und dass es bei zu flacher Stellung mächtig spritzt und die Strömung am Propeller eher abreißt (Kavitation). Unser Kompromiss ist eine Anordnung, bei der die Oberkante des Klemmbrettes auf der die Motorklammer aufsitzt, etwa 10 cm über dem Süllrand des Bootes liegen sollte. Natürlich spielt auch das Gewicht der Besatzung und die Lastverteilung im Boot eine große Rolle. Bevor wir das Spritzwasserproblem mit dem alten Trabbiteil einigermaßen in den Griff bekamen, wurden allerlei Versuche mit Leitblechen und Schaumstoffkörpern angestellt. Sogar mit einer Stromlinienverkleidung des Transoms wurde experimentiert. |
Tanken |
Leider kann man an den BF2 keine Benzinpumpe anschließen. Nachdem wir herausgefunden hatten, wie weit man mit dem 1-Liter-Minitank kommt, haben wir uns meistens rechtzeitig eine ruhige Ecke zum Nachtanken gesucht. Verwendet wurde ein handelsüblicher Fünfliter-Plastkanister mit aufschraubbarer Ausgießtülle. Bei glattem Wasser brauchte man nicht einmal auszusteigen. Uns ging nie was daneben. Ob das in der Mitte der Müritz bei über 4 Beaufort auch noch so gut klappt, konnten wir noch nicht probieren. Das literweise Nachtanken hat nebenbei den Vorzug, dass man den Verbrauch sehr gut im Blick behält. |
Kosten |
Der Motor selbst kostete neu etwa 1200 DM. Eine Anschaffung, die gut überlegt sein will, wenn man dazu den Wert eines alten Faltbootes sieht . Zweitakter in dieser Leistungsklasse kosten zwar deutlich weniger, laufen aber meistens nicht so schön wie ein Viertakter. (Gebrauchte Tümmler kann man mit etwas Glück für weniger als 100 DM bekommen.) Der Materialwert der Halterung ist nur noch zu schätzen. Da ausgiebig herumexperimentiert und manches Teil in veränderter Form ein zweites oder sogar drittes Mal angefertigt wurde, dürften an die 200 DM zusammengekommen sein. Die Arbeitsstunden zählt man sowieso nicht, wenn es um's Hobby geht. Ein Nachbau der inzwischen einigermaßen ausgereiften Konstruktion würde bestimmt bedeutend billiger kommen. (Inzwischen haben wir eine Nachbau-Anleitung fertig, mit der ein geübter Bastler zurechtkommen müsste.) |
Alternativen |
Herkömmliche Außenborder in faltboottauglicher Größenordnung ( 12 kg, 2 PS) gibt es auch von anderen Herstellern. Die Halterung dürfte sich an fast alle anpassen lassen. Im Prinzip reicht z.B. der kleine "Tanaka" mit 6 kg und 1,2 PS schon völlig aus. Die anderen Mini-Außenborder sind aber nach unserer Kenntnis ausnahmslos Zweitakter. . |
Natürlich kann man ein Faltboot auch
noch ganz anders motorisieren. Der Aqua-Scooter
(leider ebenfalls ein Zweitakter) bietet eine interessante Möglichkeit.
Aus dem selbstgebastelten Fluchthilfsmittel eines DDR-Flüchtlings
(mit dem dieser erfolgreich über die Ostsee in den Westen geschwommen
war), zur Serienreife entwickelt, befindet sich der originelle Antrieb
im Einsatz wie ein kleines U-Boot fast völlig unter Wasser. Nur
die Oberseite des Tanks und der lange Schnorchel für die Verbrennungsluft
gucken heraus. Wir erlebten ein derartiges Triebwerk im Sommer 2001 am
Plauer See. Es wurde vom Besitzer allerdings nur als Badespielzeug genutzt.
Er ließ sich damit in der Badestelle herumziehen und lieh es auch
größeren Kindern, die einen Heidenspaß daran hatten. Durch
den gekapselten Propeller ist das Risiko gering. Bei Grabner gab es früher
eine Halterung, mit der das Aggregat am Heck von Faltbooten und Schlauchkajaks
anstelle des Ruderblattes eingehängt werden kann, um das Boot vor
sich her zu schieben. Gas gegeben wird dann über einen langen Seilzug.
Durch den Unterwasserbetrieb fährt man fast geräuschlos. Da der
Motor schwimmt, gibt es kein zusätzliches Gewicht an Bord. Geht der
Motor allerdings mitten auf dem See aus, hat man ein Problem. Um nachzutanken
und ihn wieder anzulassen muss man erst mal ans Ufer paddeln. Das dürfte
mit dem dicken Brocken im Schlepp wenig Spaß machen.
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Neuerdings gibt es tatsächlich den seit Jahren geforderten sauberen Viertakt-Seitenborder. Anfang 2004 fotografierte Ekki auf dem Poucher Stand in Düsseldorf den Prototyp eines Motors auf der Basis eines 1,5-PS Honda Viertakters. Der Motor wiegt nur 7,5 Kilo und kann mit 0,6 Liter Tankfüllung zwei Stunden lang fahren. Hersteller ist ein kleiner Handwerksbetrieb (J. Krahwinkel in Lahnstein.) |
Einer
der ersten Besitzer eines solchen Seitenborders schickte die folgenden
Bilder. Wie man sehen kann, wurden inzwischen einige Details verändert
(Halterung, Auspuff). Eine zusätzliche Schallschutzhaube soll in der
Entwicklung sein.
Hier seine ersten Eindrücke: Der Motor läßt sich einfach montieren - irgendwie ist die komplette Konstruktion sehr durchdacht - da wusste einer genau auf was es ankommt. Die Motorhalterung wird auf ein Vierkantprofil geschoben und mit einem Splint gesichert. Mit einem Hebel lässt sich der Motor (dank zweier stirnverzahnter Scheiben) in jeder Schrägstellung (zur Not auch senkrecht) fixieren. Da er sehr leicht ist, ist das Boot wenig instabil, man merkt fast nicht, dass er an der Seite hängt. Der Verbrauch ist minimal. Bei Vollgas ist er laut (aber immer noch leiser als ein Tümmler). Die maximale Geschwindigkeit liegt laut Hersteller bei bis zu 15 km/h (abhängig vom Bootstyp). |
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Erfolgreiche Nachbauten unserer Motorhalterung gibt es unter "Nachgebaut..." zu sehen. Wer Angst hat, mit so einer unsymmetrischen Konstruktion umzufallen, kann sich ja mal die verschiedenen Varianten auf der Seite mit den "Mehrrumpfbooten" ansehen. J+J |
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