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Die
folgende Geschichte erhielten wir aus Chile
Kormoran per Anhalter von Manfred Mornhinweg Eines Tages paddelte ich in Ufernähe rund um den San-Pedro-See bei Concepcion. Als ich gerade dabei war, mich träumend vom Rückenwind in eine Bucht pusten zu lassen, stieß plötzlich etwas von unten an das Boot. Nicht der Stoss, aber der Schreck hätte mich fast umgeschmissen! Dies war doch tiefes Gewässer, da sollte man nicht auf Grund laufen! Aber ich war nicht der einzige Erschrockene: Irgendwas Schwarzes flutschte neben dem Boot hoch, und tauchte wieder ab. Ein großer Fisch? Da flutschte es wider, klatschte ordentlich, und der vermeintliche Fisch flatterte am Bug hoch und setzte sich seelenruhig auf die Bootspitze. Es war ein schwarzer Kormoran, hier "Yeco" genannt, der mein Boot zum willkommenen Rastplatz erkoren hatte. Er breitete seine Flügel zum trocknen aus (Kormorane haben kein wasserabstoßendes Federfett, so dass sie beim Tauchen klatschnass werden), und saß still wie ein Denkmal da, nicht unähnlich den adlerförmigen Kühlerfiguren von gewissen alten Autos! |
Ich wagte mich
nicht zu rühren, um den Herren nicht zu beunruhigen. Aber der Wind
blies uns weiter in die Bucht, und so musste ich irgendwann halt doch zum
Paddel greifen. Ganz behutsam tat ich das. Der Kormoran sah kurz nach mir,
schien das Manöver gutzuheißen, und guckte wieder nach vorn.
Dann bin ich erst langsam, dann normaler gefahren, um meine Seeumrundung
fortzusetzen. Dem Vogel machte das einen Heidenspaß, er guckte mal
ins Wasser, mal nach vorne, seltener zu mir nach hinten. Nach 20 Minuten
waren die Flügel trocken, und er legte sie an.
Wir kamen an mehreren Badestränden vorbei. Meinen Passagier schienen auch die lärmenden Kinder nicht zu beunruhigen. Ab und zu machte er die Flügel auf, besonders, wenn er einen Paddelspritzer abgekriegt hatte, und dann merkten die Leute an den Stränden, dass das Federvieh echt war! Es gab einiges Aufsehen. Er blieb mir treu, bis ich wieder am Heimatstrand angelangt war, und aussteigen wollte. Um den netten Kerl nicht beim Aussteigen versehentlich ins Wasser zu kippen, habe ich da versucht, ihm vorsichtig mit dem Paddel klarzumachen, dass die Fahrt vorbei sei, und er das letzte Stückchen zurück zu seiner Bucht wohl doch auf dem Luftwege zurücklegen müsse. Aber er schien das nicht zu mögen, und wehrte den Paddel ab, hackte sogar nach ihm! Aber endlich schien er doch einzusehen, dass nichts Gutes ewig währt. Er breitete die Flügel aus, stieß sich kräftig ab und flog majestätisch von dannen - zurück blieb nur eine klebrige, acht Zentimeter große Visitenkarte auf meinem Vorderdeck, um die er sich noch schnell erleichtert hatte! M. M. (12.10.02) |
Hindernisse
vor der Müritz
Bootsschleppen sind an den Schleusen eine willkommene Einrichtung für die Paddler. In der Mirower Schleuse steigt man von der Havel - Seenkette rund vier Meter hinauf zu den oberen Seen der Mecklenburger Seenplatte. Die Boosschleppe führt neben der Schleuse durch einen kleinen Tunnel ebenfalls diese vier Meter Höhenunterschied hinauf. Der Tunnel hat eine für Faltboote ausreichende Breite und normalerweise auch Höhe. Dumm ist nur, dass die Tunneldecke waagerecht ist und nicht wie die Lorenschiene ebenfalls schräg aufwärts führt. Ein einheimischer Junge half uns eifrig. Kaum hatten wir das Boot im Wasser über die Lore bugsiert, griff er sich schon die Zugkette und holte sie samt Boot aus dem Wasser. Einer ging mit an die Kette, der andere schob hinten. Worauf keiner so richtig geachtet hatte: der Mast war nicht abgebaut worden. In den Tunnel hinein passte er noch ganz prima. Als er auf halber Strecke an der Decke zu kratzen begann, war eh schon alles zu spät. Trotz Warnschrei zogen die beiden Vorderen die Lore unaufhaltsam weiter. Wenn ein vier Zentimeter dickes Rundholz mit brutaler Gewalt geknickt wird, gibt es ein besonders hässliches Geräusch. Der schöne Mast war hin und drei betretene Gesichter machten ihn nicht wieder heil. Dabei stand uns die Überquerung der Müritz erst noch bevor. Da hatten wir eigentlich an diesem Tag noch gemütlich drübersegeln wollen. Glück im Unglück bekamen wir in Mirow einen Ersatzmast. Da er uns auf dem öden Lärzer Kanal nicht viel nutzen konnte, wanderte er zunächst unter Deck. |
Auf dem Sumpfsee wollten wir ihn dann aber doch ausprobieren. Erneutes Pech. Der Mast war zu dick. Größere Schnitzarbeiten sollte man lieber mit festem Boden unter den Füßen angehen. Es wurde also angelegt und mit einem kleinen Taschenmesserchen mühselig der untere Teil des Mastes um die überflüssigen zwei Millimeter erleichtert. Wir hatten den Mast noch längst nicht so weit, als erneut Urgewalten über uns hereinbrachen. In kurzen Abständen donnerte eine größere Gruppe Mig 21 Düsenjäger im Landeanflug einer nach dem andern mit ausgefahrenen Rädern so dicht über unsere Köpfe hinweg, das einem direkt die Luft wegblieb. So rasch es ging, wurde der Mast jetzt zurechtgehobelt. Auf Schönheit legten wir dabei keinen großen Wert mehr. Hauptsache rein damit und nichts wie weg hier. Der Segelturn über die Müritz wurde dann doch noch ein Genuss. J+J |
Motorrad mit
Segelnaht
Der Empfang nach einer Wanderfahrt
zum Krakower See fiel nicht ganz so aus, wie wir es erwarteten. Wir hatte
das Zelt im Dunkeln aufbauen müssen und wollten eigentlich in Ruhe
ausschlafen, als am Morgen unsanft auf die Plane geklatscht wurde. Der alte Platzwart und der "Sheriff" von Krakow hießen uns willkommen. "Ist das ihr Motorrad?" "Warum?" "Ja oder nein?" "Na gut, es ist meins." "Was fällt ihnen denn ein. Sie können das doch hier nicht wochenlang herumstehen lassen. Wir dachten schon, da ist was passiert." Es stellte sich heraus, dass den beiden das herrenlose Motorrad aufgefallen war. Auf dem Faltboot konnten wir es ja schlecht mitnehmen, also war es in der Obhut der Familie auf dem Campingplatz zurückgeblieben. Die warfen zwar gelegentlich einen Blick darauf, da es aber ein Stück abseits unter einem Baum stand, wurden sie nicht weiter mit dem Fahrzeug in Verbindung gebracht und also auch nicht befragt. Wir hatten bei der nächtlichen Ankunft einige Klamotten darübergehängt und es so rein optisch wieder in Besitz genommen. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir den Beiden die Sachlage klar gemacht hatten und sie uns nicht mehr verhaften wollten. Am darauffolgenden Sonntag war der Urlaub vorbei. Das Boot und entbehrliches Campinggerödel schon auf der Bahn abgegeben und nur noch kleines Gepäck, das auf dem Motorrad mitreisen sollte, übriggeblieben. Noch mal schnell in die Stadt zum tanken und dann heimwärts. Zurück auf dem Campingplatz trifft mich der zweifelnde Blick eines Zeltnachbars. "Mit dem Rad willst du heute noch fahren?" |
"Na klar. Montag
will mich mein Chef wieder im Dienst sehen." "Na dann schau dir mal dein
Vorderrad an." "Ach du liebe Güte!" Aus einem fingerlangen Riss an
der Seite des Vorderreifens quoll mir der Schlauch als dicker Luftballon
entgegen. Was nun? Völlig chancenlos an einem Sonntag in diesem Land
einen Ersatzreifen zu ergattern. Das war schon unter der Woche oft reine
Glücksache. "Ham wir nich, krieg'n wir auch vorläufig nich wieder
rein..." Ohne gute Beziehungen, begehrte Tauschwaren oder reichlich Westmark
war die Beschaffung gewisser Güter, milde ausgedrückt, oft etwas
schwierig. Da fiel mir ein, dass das Reparaturpäckchen vom Faltboot
nicht mit auf der Bahn, sondern in einem der Motorradkoffer stecken musste.
Dabei eine Rolle von diesem phänomenalen Dederonzwirn, der einem eher
die Finger aufschnitt, bevor man ihn zerreißen konnte. Es fand sich
auch eine stabile Nadel. Der Reifen wurde abmontiert und der Schlitz Stich
für Stich akkurat wieder zusammengenäht. Eine erste Druckprobe
hielt die Naht ganz großartig aus. Aber ob sie auch vierhundert Kilometer
bis nach Hause halten würde? Die ersten hundert Meter wurde wie auf
rohen Eiern gefahren. Stop, Kontrollblick, keine Veränderung an der
Naht. Nach einem Kilometer der nächste Halt. Alles in Ordnung. Fünf
Kilometer weiter noch mal. Immer noch alles OK. Die Abstände wurden
immer weiter vergrößert. Auf dem Berliner Ring dann ein heftiges
Gewitter, und als auch das keinen sichtbaren Verschleiß an der Notreparatur
verursachte, wurden die restlichen dreihundert Kilometer ohne weiteren
Halt durchgefahren. Das
genähte Stück haben wir später fein säuberlich aus
dem Reifen herausgeschnitten und lange noch als Souvenir aufbewahrt, bis
es bei einem Umzug in die Mülltonne wanderte. J+J
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Eine segelnde
weiße Maus
Die besten Polizistenwitze
sind manchmal wirklich passiert. Wie die Geschichte von dem gelangweilten
Autofahrer, dem die Betrachtung seiner, auf der Motorhaube ausgebreiteten
Auf einer nächtlichen Motorradfahrt durch Mecklenburg im Spätherbst leuchtete plötzlich am Ortseingang von Demmin gegenüber der Zuckerfabrik ein schwarz-weiß geringelter Stab vor mir auf. "Geschwindigkeitskontrolle, Fahrerlaubnis, Zulassung, Berechtigungsschein bitte. Na, Bürger wie schnell sind wir denn gefahren?" Woher sollte ich wissen, wie schnell die gefahren waren? Meine eigene Geschwindigkeit dürfte auch nur geringfügig über den erlaubten 50 gewesen sein. "Keine Ahnung! Hab vor dem Ortsschild Gas weggenommen und mich ausrollen lassen." Immerhin ging die Straße dort etwas bergab, da ließ man sich gewöhnlich rollen. Während die Papiere durchgeblättert wurden, erfuhr ich: "Es waren 62 Ka Em Ha." "Oh, so schnell? Naja, hab mehr auf die Straße als auf den Tacho geschaut." In diesem Augenblick entdeckte die Weiße Maus den nagelneuen Segelschein, der hinten in der Fahrerlaubnis steckte. "Ach, segeln gehst du auch? Wo denn? Mit was für einem Boot? ..." Der Wechsel zum Du kam ziemlich unerwartet und die Tempoübertretung schien plötzlich gar kein Thema mehr zu sein. Dieser Polizist war offensichtlich auch ein Segler. Na gut, dann sollte er seinen Segler haben. Über was genau wir in der nächsten Viertelstunde so snackten, entzieht sich meiner Erinnerung. |
Es wurde jedenfalls ein regelrechter Klönsnack unter Seglerfreunden. Das Wort "Faltboot" kam mir kein einziges mal über die Lippen. Schließlich fiel ihm der eigentliche Anlass der Aktion wieder ein, und er meinte wohlwollend, "Na sagen wir mal zehn Mark Bußgeld." Ich hatte aber nur einen Fünfzigmarkschein einstecken und den konnte er nicht wechseln. "Na dann warten wir eben, bis uns der nächste in die Falle geht, der kann vielleicht wechseln." Aus unerklärlichen Gründen fuhren aber die wenigen Fahrzeuge, die in dieser Nacht noch unterwegs waren, alle artig. "Dann schreib ich einen Scheck." "Schecks darf ich nicht annehmen." Es dauerte eine ganze Zeit bis ich ihn doch so weit hatte, dass er einen Scheck annahm. "Aber lass das Datum frei, ich weiß nicht, wann ich dazukomme, ihn einzulösen." In den folgenden Monaten vermied ich peinlichst Kontobewegungen über zehn Mark, um es gleich zu merken, wenn der Scheck eingelöst wurde. Er wurde nie eingelöst. Ich besaß aber eine Quittung über die bezahlte Strafe und der "Kassierer" musste ja wohl den Durchschlag in seiner Dienststelle samt Geldbetrag abgeliefert haben. Ergo, er hatte die zehn Mark aus der eigenen Tasche bezahlt. Noch nachträglich schönen Dank von (Faltboot-) Segler zu Segler. J+J . |
Spitzenbeutel
sind wichtig -Wanten sind Mist
Trotz des relativ robusten Materials,
haben auch die Spitzenbeutel nur eine begrenzte Lebensdauer. Bei unseren
begann es meistens mit Haarrissen an der denkbar ungünstigsten
Stelle. Dort, wo der lange Schlauch in den Beutel einvulkanisiert ist.
Da sind Reparaturversuche meistens zwecklos. Bei Grünheide in der
Nähe Berlins gibt es mehrere langgestreckte schmale Rinnenseen, die
durch Kanäle zu einer Kette verbunden sind. Ich merkte leider erst
auf dem Campingplatz, dass die Spitzenbeutel keine Luft mehr hielten. Zu
spät noch neue zu besorgen. "So'n lütter See, was soll da
schon passieren!" Die löcherigen Spitzenbeutel blieben also an Land. Dass gerade solche schmalen Seen mit hohem Baumwuchs an den Ufern besonders ungemütliche Fallböen generieren können, merkte ich erst, als es fast zu spät war. Schon bei der Ausfahrt hart am Wind mussten mehrere Aufschießer gemacht werden, um einzelne Böen abzuwettern. Dabei erfüllte der Besan treu immer wieder seine Funktion als Windfahne und drehte das Boot stets zügig in den Wind. Vor der Rückfahrt mit raumen Wind von Backbord wurde deshalb vorsichtigerweise das Großsegel gerefft und nur unter Fock und Besan abgelaufen. Der niedrigere Segelschwerpunkt schien genug Sicherheitsreserve zu bieten. Dann kam die eine Böe, in der ausgerechnet der Wind auch noch achterlich drehte. Trotzdem das Vorsegel völlig losgelassen und auch die Besanschot so weit es ging gefiert wurde, |
drehte der Wind
bedeutend schneller als das Boot. Ein nach allen Seiten frei schwenkbarer
Besanbaum hätte vermutlich die Kenterung verhindern können. So
aber wurde das Spannseil an Steuerbord zum Anschlag und der Winddruck
gegen knapp zwei Quadratmeter Besansegel reichte aus, um das Boot umzukippen.
Vielleicht hätten die Schwerter die Kenterung noch so weit verlangsamen
können, dass ein Sprung auf den Süllrand geholfen hätte.
Leider waren sie, wie wir es bei raumen Wind gewöhnlich taten, weit
aufgeholt. Das Boot legte sich zügig nach Lee auf die Seite und kippte
seine Einmannbesatzung in den See. Während ich mich bemühte,
wieder an die Oberfläche zu strampeln, war es langsam ganz durchgekentert
und lag jetzt kieloben sehr tief im Wasser. In weniger als einer Minute
kam das erste Motorboot längsseits und bot seine Hilfe an. Von Deck
des Helfers aus drehten wir das Boot zu zweit wieder in Schwimmlage. Es
lief sofort bis zum Süll voll. Durch seitliches Anheben des
Süllrandes beförderten wir zwar einen Teil des Wassers wieder
hinaus, aber offensichtlich nicht genug. Während sich der Helfer umdrehte,
um seinen Motor zu starten, spülte eine Welle über das tiefliegende
Boot und Bug voran wie die Titanic ging es abwärts Richtung Seegrund.
Im letzten Moment, als vom Boot nur noch ein Schatten zu sehen war und
gerade mal die Spitze des Besanmastes noch aus dem Wasser ragte, erwischte
ich eine der Wanten (1,5 mm Bowdenzugseil) und hielt sie fest. Dummerweise
startete der Andere, der die Geschichte nicht mitgekriegt hatte, in diesem
Moment seinen Motor. Das Stahlseil blieb am Ehering hängen und schnitt
mir Mittel- und Ringfinger bis kurz vor den Knochen auf. Bevor mir die
Finger abgerissen wurden, ging der Motor wieder aus, so dass ich die Werra
zurück an die Oberfläche hieven konnten. Das Deck des Motorbootes
sah allerdings hinterher wie ein Schlachthof aus. Normalerweise heißt
es, dass ein vollgelaufenes RZ-85 ohne Reserveauftrieb knapp unter der
Oberfläche bleibt. Ob es an der Takelage, dem vergrößerten Ruder, den übergroßen Aluschwertern oder woran auch immer gelegen hat, unsere Werra wollte jedenfalls auf den Grund. Das wären, wie mir ein Ortskundiger später erzählte, an dieser Stelle rund vierzig Meter gewesen. J+J |
Wenn Pech, dann
richtig.
Abgesehen davon, dass zwei
Tage nach der Kenterung über Nacht ein Rückspiegel des Motorrades
"Beine" bekommen hatte, kam es auf der anschließenden Heimfahrt erst
richtig dick. Es war einer der heißesten Tage dieses Sommers. Mitten
im Fläming unter einer Autobahnbrücke fünf Kilometer vor
Niemegk kreischte der Motor auf und bleib schlicht und ergreifend stehen.
(Man hat inzwischen haargenau an dieser Stelle eine riesige Tank- und Raststätte
gebaut, damals war dort nur "Taiga".) Alle Versuche den Motor wieder in
Gang zu bringen, waren vergeblich. Also wurde zunächst erst einmal
bis zur nächsten Notrufsäule geschoben. "Was, ihr Motor springt
nicht mehr an? Und wir sollen ihnen jetzt helfen? Das ist doch ein Motorrad?
Schieben sie es bis Niemegk. Da kann man
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Tut mir leid, Kurbelwellen kommen vielleicht nächsten Monat wieder, vielleicht aber auch nicht." Kein Betteln und keine Bestechungsversuche halfen. Dieser Mensch konnte oder wollte mir nicht helfen. Wenn etwas in diesem Land funktionierte, dann die Bahn. Also zum Bahnhof. "Was, sie wollen ein Motorrad als Expressgut aufgeben? Da darf aber kein Benzin im Tank sein." Welch ein Quatsch. Als ob ein leerer Tank, der ja in Wirklichkeit noch mit hochexplosiven Benzindämpfen gefüllt wäre, ungefährlicher ist. Ein paar herumlungernde Halbwüchsige auf Mopeds waren schließlich dankbare Abnehmer für den Sprit und der Bahnvorschrift war Genüge getan. Was meine Mitreisenden im Abteil über den dreckigen und verschwitzten Kerl mit der dick verbundenen Hand in Motorradkombi mit Sturzhelm und einem riesigen Berg Campinggepäck gedacht haben mögen? J+J |
Surfer in Schwierigkeiten
Auf einem Campingplatz am Ostufer
des Plauer Sees beobachteten wir interessiert einen einsamen Windsurfer.
Es war kühl und der auflandige Nordwestwind (gemessene 4 - 5 Beaufort)
warf eine richtige Brandung an den Strand. Am Rande der Stehzone ca. 100
Meter vom Ufer entfernt probierte er immer wieder den Wasserstart. Die
Ausdauer konnte man wirklich nur bewundern. Als er später am Strand
saß, sprach ich ihn an. Mit meinen eigenen Wasserstarts war ich noch
nicht weiter gekommen und der sah auf den ersten Blick so aus, als könnte
er ein paar gute Tips geben. Wie sich herausstellte, eine völlige
Fehleinschätzung! Der Junge war nicht am Trainieren, sondern
am Verzweifeln. Wie er erzählte, besaß er sein Surfbord erst
seit zwei Wochen. Auf der anderen Seeseite im Windschatten des Ufers hatte
alles ganz anders ausgesehen. Spiegelglattes Wasser! Er war am Nachmittag
mit einem Ruderboot und dem Surfbord im Schlepp vom Bootshaus in Plau losgefahren.
Das Ruderboot ankerte er dann in einer Bucht seitlich der Einfahrt zur
Stadt und stieg auf das Surfbord um. Eigentlich wollte er nur ein bisschen
um sein Ruderboot herumsurfen, aber kaum war er aus der Abdeckung durch
die Uferbäume heraus, ging die Post ab. Das Brett ein bisschen zu
klein, das Rigg ein bisschen zu groß, (beides aus zweiter Hand und
nicht gerade im besten Trimm) das ist der Stoff aus dem Katastrophen entstehen.
Es gelang ihm einfach nicht,
gegen den Wind aufzukreuzen. So wurde er nach und nach immer weiter abgetrieben und landete schließlich auf der 2,5 Kilometer entfernten, gegenüberliegenden Seeseite vor unserer Wohnwagentür. Er war inzwischen völlig erschöpft und in seinem kurzärmeligen Shorty-Neoprenanzug dank der vielen "Waschgänge" ziemlich unterkühlt. "Ich werde mich hier etwas ausruhen. Vielleicht kommt ja die Sonne noch mal durch und der Wind flaut ein bisschen ab." Dabei schüttelte es ihn am ganzen Körper. Das Wetter strafte seine Hoffnungen Lügen. Es wurde nur noch ungemütlicher und er saß da klatschnass auf dem Strand mitten im Sturm und klapperte wie ein Storch. |
Die übrigen
Camper hatten sich in ihre rollenden Festungen zurückgezogen. Weit
und breit kein Motorbootsbesitzer in Sicht. "Na gut," sag ich "ich bring
dich über den See." Diese Tour wurde zu einem echten Härtetest.
Nie vorher und auch nicht wieder danach hab ich derart freiwillig einen
Neoprener zum Faltbootfahren angezogen. Diesmal war ich meiner Sache wirklich
nicht sicher. Das Surfgerödel wurde zu einem handlichen Päckchen
verschnürt im Faltboot verstaut und das Brett ins Schlepptau genommen.
Durch die Brandungszone paddelte ich wie der Teufel aber in der kurzen
Zeit zwischen dem Ausschwenken des Motors und dem Anreißen trieben
wir so stark achteraus, dass wir fast wieder aufliefen. Gottseidank sprang
der Honda beim ersten Versuch an und zog zuverlässig wie immer den
merkwürdigen Schleppzug über den aufgewühlten See. Es zeigte
sich, dass der Neo die richtige Entscheidung war. Trotz kleiner Fahrt spülten
laufend fast meterhohe, sich überschlagende Wellen über
das Oberdeck und klatschten uns in die Gesichter. Einige undichte Stellen
der Spritzdecke bewirkten, dass das Wasser allmählich in der Bodenleiter
schwappte. Wenn besonders hohe Brecher anrollten, nahm ich das Gas bis
zum Leerlauf weg und
ließ sie unter dem Boot durchziehen. Trotzdem unterschnitt mehrmals der Bug und es sah ein paarmal so aus, als hätte er gar keine Lust wieder aufzutauchen. Auf dem ganzen großen See war weit und breit kein anderes Boot zu sehen. Erst kurz vor der Stadt in unmittelbarer Ufernähe kamen wir in die Abdeckung und es wurde ruhiger. Der Surfer strahlte über das ganze Gesicht als wir an seinem Ruderkahn anlegten und obwohl er immer noch mit der Kinnlade zitterte, fand er auch allmählich seinen Humor wieder. Die anschließende Rückfahrt mit dem leeren Boot und dem Wind von achtern wurde mindestens genauso spannend. Aus der Abdeckung heraus begann ein wilder Tanz. Nachdem ich es zunächst wieder in kleiner Fahrt versuchte und mich mehrmals hohe Brecher von hinten überraschten, wechselte ich die Taktik. Durch gefühlvolles Gasgeben und -wegnehmen bemühte ich mich mit den Wellen gleiche Geschwindigkeit zu halten. Am besten ging es, wenn man längere Zeit auf dem Vorderhang einer Welle mitreiten konnte. Trotzdem wurde ich auch heimwärts wieder mehrmals gründlich geduscht. Als wir das Boot am Ufer kieloben legten, stand anschließend die Wiese an dieser Stelle für einen Moment fingerhoch unter Wasser. Im darauffolgenden Jahr begegnete ich dem Jungen selbst surfend mitten auf dem See an der breitesten Stelle. Er erkannte mich trotz des andernen Fahzeugs sofort wieder und wir hielten einen ausgiebigen Schwatz. Das Surfen war ihm trotz der beinahe-Katastrophe nicht vergangen und er konnte inzwischen richtig gut kreuzen. J+J |
Reinfall auf
Bestellung
Auch im zweiten Jahr erregte unser Motorfaltboot noch immer Interesse auf dem Plauer See. Auf halbem Weg nach Lenz in Höhe des Steeneck rufen und winken zwei Halbwüchsige in winzigen Vollplast-Kajaks. "Wartet mal! Was habt ihr denn da für'n Teil? Eh, das ist ja klasse!" Wir gehen auf Leerlauf und lassen sie herankommen. Der eine: "Das muss ich mir mal genauer angucken. Zieh mich mal ran!" Dabei reicht er mit ausgestrecktem Arm das Ende seines Paddels zu uns herüber. Wie gewünscht wird zugelangt und gezogen. Gewohnt an die hohe Anfangsstabilität des RZ-85 ziehen wir aber wohl etwas zu kräftig. Mit dem berühmten letzten Wort der meisten Unfallopfer: "Sch...!" geht er in den Bach. Den Rest des Fluchs haben nur noch die Fische gehört. |
Auf eine so alberne Kenterung war wirklich keiner gefasst. Wir haben ihm dann beim Wiedereinsteigen unterstützt und mit unserer Proviantdose als Pütz-Ersatz zum lenzen ausgeholfen. Mit je einer Handvoll "Plombenzieher" als Wiedergutmachung zogen der Gebadete und sein Kumpel von dannen. Es war ein sehr warmer windstiller Tag und er hat sich bestimmt nicht erkältet. J+J |
Mein lieber
Schwan
Auf einer Wanderfahrt entdeckten
wir im Jabelschen See halb zufällig den schmalen Seerosenkanal zum
Loppiner See. Der Kanal war damals schon für Motorboote gesperrt und
führte so wenig Wasser, dass die Paddel an einigen Stellen auf dem
Grund kratzten. Unmengen der unterschiedlichsten Wasserpflanzen waren auch
an tieferen Stellen noch gut zu erkennen, dazwischen Fische über Fische
große, kleine, mittlere in dichten Schwärmen als ob man von
oben in ein Aquarium schaut. Über der Wasseroberfläche tummelten
sich Heerscharen von Libellen und feierten Massenhochzeiten. Am Ende mussten
wir uns auf einem kurzen Stück durch den
Schilfgürtel zwängen und dann öffnete sich der lieblichste und unberührteste See, den man sich nur denken kann. Dichte Schilfgürtel ringsherum, weit und breit kein Mensch und kein Boot, ein paar Kühe auf der Weide glotzten uns an und vor dem gegenüberliegenden Ufer in einem knappen Kilometer Entfernung schwamm ein einzelner Schwan. Ohne an etwas Böses zu denken, paddelten wir auf den See hinaus. Schon nach wenigen Schlägen erreichten wir die Windzone und setzten Segel. Wir kamen nicht weit. So wie wir auf den See hinaussegelten, stümte uns der Schwan mit hoch aufgestellten Flügeln entgegen. Das war offensichtlich kein Parkschwan aus der städtischen Grünanlage, der sich aus der Hand füttern ließ, sondern ein richtig wütendes wildes Tier. Er sah sich als den unumschränkten Herren des Sees und wahrscheinlich hockte auch irgendwo Frau Schwan auf einem Gelege. Der See wurde sicher nur sehr selten von Booten befahren, und wenn, dann besaßen sie keine Segel. Unsere weißen Tücher hatten offensichtlich schon aus dieser großen Entfernung den Angriffsreflex ausgelöst. Fauchend und wild mit den Flügeln schlagend kam er überraschend schnell heran und attakierte sofort den Besan am Heck. Eine Paddelkelle voll Wasser machten ihn nur noch wütender. |
Von der Zerstörungskraft
dieser Flügelschläge werden ja wahre Horrorgeschichten erzählt.
Wir hatten jedenfalls keine Lust, sie auf ihren Wahrheitsgehalt zu testen.
Also, wie sagt man so schön: der Klügere gibt nach. Noch bis
zu Einfahrt in den Kanal wurden wir verfolgt und sporadisch angegriffen.
Dieses rund zwanzig Jahre zurückliegende Erlebnis bildete einen der
Auslöser für die Konstruktion der schwenkbaren Motorhalterung.
Zielstellung war, mit dem Faltboot zügig vom Plauer See bis in den
Jabelschen See zu kommen (und zurück) und im Seerosenkanal und auf
dem Loppiner See schön gemütlich und leise zu paddeln. Immerhin
eine Gesamtstrecke von rund 50 km, also auch für einen geübten
Kanuten eine echte Herausforderung. Mit Motorunterstützung müsste
sie bequem an einem Nachmittag zu schaffen sein. Nachdem im ersten Jahr
zunächst viele kürzere Probefahrten mit dem neuen Antrieb gemacht
wurden, fuhren wir im zweiten Jahr genau diese Tour zweimal mit wechselnder
Besatzung. Es wurden Fahrten voller kleiner Überraschungen. Im lauschigen
Jabelsee machte sich inzwischen eine supermoderne (und sicher superteuere)
Marina mit dem Charme einer Industrieanlage breit und sorgte für autobahnartigen
Bootsbetrieb. Die naturgeschützte Wisentinsel gegenüber präsentierte
sich aber immer noch mit einer lückenlosen Schilfkante. Der Seerosenkanal
hatte diesmal genug Wasser, aber auf dem kurzen Stück kamen uns ganze
Karawannen von Booten entgegen. Überall herumliegender Wohlstandsmüll
zeigte, dass dieser dichte Verkehr keine Ausnahme war. Die Libellenräder
saßen auf Einkaufstüten und Styroporresten und zwischen
den Wasserpflanzen und den immer noch zahlreichen Fischen leuchteten Bierdosen
vom Grund herauf. Durch den Schilfgürtel musste man sich nicht mehr
zwängen, er öffnete sich weit wie ein Scheunentor. Auch der Loppiner
See hatte sich deutlich verändert. Die schöne Landschaft war
zwar noch immer dieselbe, aber keine Spur mehr von romantischer Einsamkeit.
Mehrere Angler bevölkerten den See und am Ostufer herrschte reichlich
Badebetrieb. Ein Stück weiter gammelten die Reste alter Beregnungsanlagen
vor sich hin und hinter einem Hügel dröhnte von Zeit zu Zeit
Baulärm herüber. Eine Schwanenfamilie ließ sich überhaupt
nicht davon stören, dass wir an ihnen vorbeifuhren. Erst im hinteren
Teil wurde es etwas einsamer. Noch kein verlorenes aber ein leicht zerschrammtes
Paradies. J+J
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